Bauordnungsverfügung; Rückbauanordnung, unzureichende Bekämpfung gleichartiger Verstöße

VG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juli 2023 – 28 K 3724/22 –, juris


1. Leitsätze

1.1 Trägt der Adressat einer Bauordnungsverfügung vor, es bestünden gleichgelagerte Verstöße, gegen die seitens der Bauaufsicht nicht eingeschritten werde, und benennt er konkret vergleichbare Fälle, so muss die Behörde in gleichgelagerten Fällen auch gegen die anderen Störer einschreiten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist aber dann verletzt, wenn die Behörde ohne erkennbaren sachlichen Grund nur bezüglich einzelner baulicher Anlagen eine Bauordnungsverfügung erlässt und gegen andere vergleichbare Vorhaben nicht einschreitet.


1.2. Bei einer Mehrzahl gleichartiger Verstöße gegen Bauvorschriften in einem Gebiet ist es notwendig, dass die Behörde bei der Erfassung der Verstöße und dem Einschreiten planmäßig vorgeht und weder in ihrem Plan noch bei der Ausführung willkürliche Ausnahmen macht. Daher ist es mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren, wenn sie im gleichen Gebiet außerhalb der systematischen Erfassung nach Feststellung eines baurechtswidrigen Zustands gegen einen Grundstückseigentümer vorgeht, nicht aber gegen den Eigentümer des angebauten Nachbargebäudes, das einen vergleichbaren baurechtswidrigen Zustand aufweist. Die Baubehörde kann dann ihr Vorgehen gegen einen einzelnen Bauherrn auch nicht mit der negativen Vorbildwirkung begründen, die durch eine Duldung der unzulässigen Situation ausgelöst würde. Denn auch von dem Nachbargrundstück, das einen ähnlichen baurechtswidrigen Zustand aufweist, geht eine solche negative Vorbildwirkung aus.

2. Anmerkung zu der Entscheidung
Vorliegend ging es um gestalterische Abweichungen von den Vorgaben einer Gestaltungssatzung, die bei einer Vielzahl von Wohnhäusern vorlagen.

Der Grundsatz „keine Gleichbehandlung im Unrecht“ erfährt hier eine gewisse Einschränkung. Der Eigentümer eines Grundstücks, das entgegen bestehenden Bauvorschriften bebaut ist oder genutzt wird, kann geltend machen, dass ein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde rechtswidrig ist, wenn ähnliche Verstöße auch auf den Nachbargrundstücken vorliegen, die Behörde aber ganz offensichtlich nur gegen ihn vorgeht, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund vorliegt.

Dresden, 12.03.2024

Lothar Hermes
Rechtsanwalt