Störerauswahl bei Inanspruchnahme des bauaufsichtsrechtlich Verantwortlichen

OVG Lüneburg Beschl v. 15.02.2022 – A 153/20

Hat die Bauaufsichtsbehörde gegen einen baurechtswidrigen Zustand auf einem Grundstück vorzugehen und steht dieses im Eigentum mehrerer Personen, so kann sich ihr sogenanntes Auswahlermessen auf Null reduzieren.
Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Auswahl dahingehend verdichtet und reduziert, dass für die Beseitigung des baurechtswidrigen Zustandes allein eine Person in Frage kommt, etwa weil sie die alleinige Verfügungsgewalt über das Grundstück hat und für den Eintritt des baurechtswidrigen Zustandes als Verhaltensstörer maßgeblich verantwortlich ist.
Eine Inanspruchnahme eines anderen Grundstückseigentümers würde sich hier als offensichtlich ermessenswidrig darstellen. In solchen Fällen ist für die Durchführung von Ermessungserwägungen zur Störerauswahl kein Raum.

Anmerkung:
Dieser Auffassung dürfe nicht uneingeschränkt zu folgen sein.
Die Störerauswahl setzt voraus, dass zunächst alle Erwägungen angestellt werden, die für die Inanspruchnahme eines oder mehrere Störer mit dem Ziel einer möglichst schnellen Beseitigung der Störung zielführend sind.
Ist den anderen Grundstückseigentümern ein unmittelbares Besitzrecht über des Grundstück nicht eingeräumt, so dürfte allerdings jedenfalls dann, wenn Gefahr im Verzug ist und nur ein Eigentümer unmittelbarer Besitzer des Grundstücks ist, im Interesse einer zeitnahen und effektiven Beseitigung der Gefahr seine alleininge Inanspruchnahme zulässig sein.

Dresden, den 10.07.2022

Lothar Hermes
Rechtsanwalt